Ein Experimentierkasten und große Pläne
Von Santiago de Chile über Paris nach Hamburg – im Sommer 2020 kam Prof. Dr. Pablo Sáez ans Institut für Biochemie und Molekulare Zellbiologie. Mit seiner Professur erhielt er auch sein eigenes Labor im Fritz Schumacher-Haus, wo er und sein Team die Migration von Immunzellen erforschen. Hamburg hat der Südamerikaner auch kulinarisch längst lieb gewonnen – an heimischen Franzbrötchen führt für ihn kaum ein Weg vorbei.
Mit fünf Jahren steht für Pablo Sáez fest: Er will Pilot werden. Doch sein Traum vom Fliegen zerplatzt noch in der Grundschule. „Ich hatte eine Ohroperation wegen Problemen mit dem Druckausgleich. Das zwang mich nicht nur, ein Jahr lang mit meinem Hobby, dem Surfen, auszusetzen. Auch meinen späteren Berufswunsch musste ich an den Nagel hängen“, schmunzelt der heute 37-Jährige. Doch neugierig, wie er ist, entdeckt er während eines Schulexperiments zur Schwimmfähigkeit von Karotten seine neue Leidenschaft: die Wissenschaft. „Zum Geburtstag bekam ich dann einen Experimentierkasten geschenkt, den ich aber nie anrührte. Ich wollte ihn für das Labor aufheben, in dem ich später einmal arbeiten würde“, erinnert er sich augenzwinkernd.
Mit dem Experimentieren hat es dann ja geklappt. In der Highschool führte ihn seine deutsch-chilenische Lehrerin Ana Edwards Karlström in die Mikroskopie ein. „Als ich mir die erste Amöbe unter einem Mikroskop anschaute und sah, wie sich Zellen bewegten, war ich total fasziniert und bin es bis heute.“ Nach dem Abitur beginnt Pablo Sáez an der Päpstlichen Katholischen Universität von Chile Biologie zu studieren. Hier absolviert er auch seinen Master und sein PhD. Bereits in seiner Doktorarbeit legt Sáez den Fokus auf das Thema Immunzellen und erforscht, wie sie sich bewegen und miteinander kommunizieren. 2013 tauscht er seine Heimat Chile gegen das ferne Paris und tritt eine Stelle im Institut Curie an.
Auf Tuchfühlung
Erste Kontakte mit dem UKE knüpft der Biologe 2017 im Rahmen einer Konferenz im italienischen Pisa und trifft dort den Institutsdirektor für Biochemie und Molekulare Zellbiologie im UKE, Prof. Dr. Dr. Andreas Guse. „Wir kamen ins Gespräch und diskutierten kurz über mein Projekt. Vor allem aber unterhielten wir uns sehr nett über Sport, sodass ich am Ende unsicher war, ob meine wissenschaftliche Arbeit überhaupt sein Interesse geweckt hatte“, erzählt der Wissenschaftler heute lachend. Ein Jahr später kommt es zu einem erneuten Treffen; dabei versucht Prof. Guse Pablo Sáez für eine Professur im Zentrum für Experimentelle Medizin zu begeistern. „Ich habe mich natürlich sehr gefreut, lehnte aber vorerst ab, da meine Frau und ich uns nach sechs Jahren endlich heimisch fühlten in Paris.“ Zum Schluss behielt bei Pablo Sáez dann doch die wissenschaftliche Neugier die Oberhand – und die Lust, den nächsten Schritt in seiner persönlichen wissenschaftlichen Entwicklung zu gehen. „Meine Ideen frei in einem eigenen Labor entfalten zu können, Netzwerke zum Erfahrungsaustausch über den ganzen Erdball zu spannen, um gemeinsam voranzukommen, das liebe ich an meiner Arbeit“, schwärmt Prof. Sáez. Vier Mitarbeitende gehören bislang zu seinem internationalen Team; seine interdisziplinären Kooperationen reichen von Deutschland und Frankreich über Spanien, Portugal, Italien, die USA und Israel. Im UKE kooperiert Sáez unter anderem eng mit Prof. Dr. Jörg Heeren, Prof. Nicola Gagliani, Dr. Maike Frye und Dr. Virgilio Failla, die ihm das Eintauchen in die lokale Wissenschaftsgemeinschaft erleichterten.
Immunzellen gegen den Krebs aktivieren
Die neuen Erkenntnisse zur Zellwanderung und Zellkommunikation könnten in der Zukunft auch in der Krebsmedizin zum Einsatz kommen. „Unser angeborenes Immunsystem ist eine der ersten Verteidigungslinien unseres Körpers – auch im Kampf gegen den Krebs. Sobald wir die Genehmigung erhalten, wollen wir daran arbeiten, Immunzellen dazu zu bringen, Tumorzellen zu erkennen und sie wie eine Infektion zu bekämpfen.“ Weiteres zentrales Forschungsthema ist die personalisierte Medizin, die individuelle genetische Voraussetzungen von Patient:innen in der Krebstherapie berücksichtigt. „Um Tumorzellen zielgenauer angreifen zu können, analysieren wir die Eigenschaften von Tumorgewebe auf zellulärer Ebene und ihre Interaktion mit Immunzellen.“
Außerhalb seines Labors genießt Pablo Sáez die Zeit mit seiner Familie. „Besonders die Kinder freuen sich über die tollen Spielplätze in Hamburg und das viele Grün.“ Und das Surfen im Pazifik? „Fehlt mir natürlich schon. Aber demnächst probiere ich das Windsurfen an der Ostsee aus. Darauf freue ich mich schon heute!“