Besserer Schutz

Genau wie Raucher haben auch Passivraucher ein erhöhtes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Prof. Dr. Heiko Becher vom Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie untersucht, ob der Nichtraucherschutz die Situation verbessert hat.


Wie viele Menschen sind in Deutschland Passivrauch ausgesetzt?

Prof. Dr. Heiko Becher, Leiter des Instituts für Medizinische Biometrie und Epidemiologie: Im Jahr 2012 waren ein Viertel der nichtrauchenden Frauen und etwa 40 Prozent der nichtrauchenden Männer Passivrauch ausgesetzt. 1994, als ich mit Prof. Dr. Jürgen Wahrendorf in Heidelberg die erste Untersuchung zu diesem Thema veröffentlicht habe, waren noch etwa 60 Prozent der Männer und 70 Prozent der Frauen passivrauchexponiert, das heißt, sie waren durch den rauchenden Partner, am Arbeitsplatz oder in der Freizeit Zigarettenrauch ausgesetzt. Die Passivrauchprävalenz ist demzufolge gesunken – auch wenn sie immer noch relativ hoch ist.


Wie viele Menschen sterben in Deutschland pro Jahr an Lungenkrebs aufgrund von Passivrauchen?

Nach unserer Schätzung sind pro Jahr 165 Lungenkrebstodesfälle auf Passivrauchen zurückzuführen. Diese Zahl ist im Vergleich zu 1994 deutlich gesunken, damals waren es 400. Trotz der Alterung der Bevölkerung und einem daraus folgenden Anstieg der Krebstodesfälle insgesamt sind damit deutlich weniger Todesfälle an Lungenkrebs durch Passivrauchen als vor 20 Jahren zu beklagen.


Was für ein Fazit ziehen Sie aus Ihrer Untersuchung?

Die Nichtraucherschutzgesetze haben dazu geführt, dass die Passivrauchbelastung zurückgegangen ist und damit auch die Anzahl von Todesfällen bei Passivrauchern – auch wenn man die veränderte Altersstruktur der Bevölkerung berücksichtigt. Würde man die Altersstruktur von 1990 als Maßstab nehmen, wären noch weniger Todesfälle bei Passivrauchern zu beobachten. Die Studie habe ich gemeinsam mit einem Studenten, Matthias Belau, und einem früheren Kollegen aus Heidelberg, Priv.-Doz. Dr. Volker Winkler, durchgeführt.


Hat die Einführung der E-Zigarette Auswirkungen auf die Lungenkrebs-Todesfälle bei Passivrauchern?

Dazu gibt es, wie auch zum aktiven Rauchen einer E-Zigarette, noch keine Studien, da die E-Zigarette noch nicht so häufig genutzt wird und zu kurz auf dem Markt ist, als dass sich schon Tumoren aufgrund ihres Gebrauchs hätten entwickeln können. Außerdem wäre das Ergebnis verfälscht, da die meisten Raucher von E-Zigaretten vorher schon geraucht haben und dadurch vorbelastet sind.


Wie könnte man die Situation der Nichtraucher in Deutschland noch weiter verbessern?

Um die Passivrauchbelastung zu reduzieren, muss man das aktive Rauchen reduzieren. Hier gibt es unterschiedliche Stellschrauben. So wäre etwa das Verbot von Tabakwerbung ein wichtiger Schritt. Auch ein höherer Preis und ein Rauchverbot an öffentlichen Plätzen wären Maßnahmen, die Zahl der Raucher in Deutschland zu verringern. Vorstellbar wäre ein Rauchverbot im Auto, zumindest dann, wenn Kinder mitfahren.

Text: Berit Waschatz
Foto: Claudia Ketels