„Wann dürfen wir wieder zu Oma und Opa?“

Im Interview mit dem Infektiologen Dr. Stefan Schmiedel aus der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE sind unsere Kinderreporterinnen Lena und Sophia. Ihre wichtigste Frage zur Corona-Pandemie: Wann dürfen wir wieder zu Oma und Opa?

Lena, in einem weißen Shirt und Sophia, in einem blauen Kleid, stehen nebeneinander und blicken in die Kamera. Beide haben lange blonde Haare.
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Kinderreporter-Duo
Lena – Gymnasium Quickborn, Sophia – Grundschule Bönningstedt

Lena: Stimmt es, dass Corona zuerst auf einem Tiermarkt aufgetaucht ist?

Dr. Stefan Schmiedel: Es steht überall, dass die ersten Fälle, die in China identifiziert wurden, auf einem bestimmten Seefischmarkt in einer großen Stadt in Mittelchina waren. Man vermutete deshalb, dass dies möglicherweise der Ursprung war. Man weiß, dass diese Art von Virus üblicherweise aus dem Tierreich, meist von Fledermäusen, stammt. Fledermäuse sind eine Tierart, die in China gern gegessen wird, übrigens auch in weiten Teilen Afrikas, daher konnte man sich das vorstellen. Ob es wirklich so war, weiß man nicht genau. Man hat gesehen, dass noch viel mehr Menschen infiziert wurden, die überhaupt nicht auf dem Tiermarkt waren.

Sophia: Was genau macht das Virus mit Menschen?

Die Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf das Virus. Einige merken überhaupt nichts, andere haben Fieber, Husten, Schnupfen und fühlen sich einfach krank, so wie bei einer Grippe mit Kopfschmerzen, Schüttelfrost und Gliederschmerzen. Bei uns in Deutschland sind auch einige Menschen aufgefallen, die während der Infektion weniger riechen oder schmecken konnten. Bei vielen Menschen verläuft die Erkrankung wie eine Grippe, andere erkranken so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen und einige sind sogar leider verstorben, in Deutschland aber weniger als in einigen anderen Ländern.

Sophia: Ich hatte mal Influenza. Ist Corona schlimmer?

Da Kinder nach unserem aktuellen Stand eher nicht an Corona erkranken, kann man Influenza derzeit für Kinder schon als schlimmer ansehen. Influenza ist auch für Kinder untereinander durchaus viel ansteckender, zumal man vor Corona auch noch nicht so stark auf die Hygienemaßnahmen wie Händedesinfektion und Mund- und Nasenschutz geachtet hat.

Lena: Kann es sein, dass man nie einen Impfstoff findet?

Aktuell arbeiten Forscherinnen und Forscher auf der ganzen Welt an einem Impfstoff. Man muss sich aber vorstellen, dass es viele Krankheiten gibt, für die man schon seit vielen Jahren einen Impfstoff sucht, aber noch keinen gefunden hat. Es kann also sein, dass Corona die Forscher auf der ganzen Welt, übrigens auch hier bei uns im UKE, noch viele Jahre beschäftigen wird. Somit ist es auch möglich, dass uns trotz der aktuell bei uns sehr niedrigen Zahl an Neuinfektionen Corona noch lange und immer wieder erhalten bleibt. Wir wissen aktuell noch zu wenig, um sagen zu können, wie sich Corona entwickeln wird, zumal die Entwicklung in allen Ländern unterschiedlich ist. In den USA gibt es über zweieinhalb Millionen infizierte Menschen und über 125.000 Todesopfer. Warum die Zahlen in den Ländern so sehr variieren, wissen wir momentan noch nicht.

Sophia: Kann ich als Schulkind meine Lehrerin anstecken?

Wichtig ist natürlich, dass man auch in der Schule den notwendigen Abstand und die Hygienemaßnahmen einhält. So schützt man sich und auch die Lehrerin und Unterricht kann wieder stattfinden. Der normale Schulbetrieb nach den Sommerferien ist sicher eine gute Möglichkeit, genau zu beobachten, ob Neuinfektionen ausbleiben.

Lena: Und wann darf ich wieder zu Oma und Opa?

Es ist ja nicht verboten, Oma oder Opa zu besuchen. Hier ist es einfach sehr wichtig, dass man gerade ältere und vielleicht vorerkrankte Menschen schützt. Man sollte auf jeden Fall alle Hygienemaßnahmen und auch den Abstand von mindestens 1,5 Metern einhalten, dann darf man meiner Meinung nach auch Oma und Opa besuchen – wenn sie es dann auch wollen.

Lena: Warum streiten die Experten so viel? Ich weiß gar nicht, was ich glauben soll.

Wenn man sich die Aussagen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ansieht, sind die Meinungen gar nicht so unterschiedlich. Es gibt immer einzelne Forscher, die bestimmte Argumente gegenüber anderen ein bisschen mehr in den Mittelpunkt rücken oder eben auch weniger. Die vielen Diskussionen über Corona, deren Ansteckungswege und die richtigen Maßnahmen werden eher von Menschen aus Bereichen geführt, die vielleicht nicht in erster Linie medizinisch gebildet oder im Gesundheitswesen tätig sind. Die einen wollen vielleicht besonders viele Zeitungen verkaufen, die anderen wollen wiedergewählt werden…

Aufgezeichnet von Petra Gilb-Julié, Fotos: Axel Kirchhof, Illustration: Alexandra Langenbeck (Stand: 29. Juni 2020)