UKE tritt Informationsinitiative „Tierversuche verstehen“ bei

Die größtmögliche Wirksamkeit bei der Entwicklung von Therapien mit einem Maximum an Tierschutz zu verbinden, ist seit Langem ein wichtiges Anliegen des UKE. Um dieses Ziel auch der Öffentlichkeit näherzubringen, unterstützt das UKE seit dem 1. Juli die Initiative „Transparente Tierversuche“, eine Aktion der ständigen Senatskommission für tierexperimentelle Forschung der DFG und der Informationsinitiative „Tierversuche verstehen“. Darüber sprachen wir mit der Dekanin der Medizinischen Fakultät des UKE, Professorin Dr. Blanche Schwappach-Pignataro, und der Forschungsdekanin Prof. Dr. Petra Arck.

Warum unterstützt das UKE die Initiative „Transparente Tierversuche“?

Professorin Schwappach-Pignataro: Tierversuche stellen einen wichtigen Teil in der medizinischen Grundlagenforschung dar und sind bisher noch nicht vollständig durch alternative Methoden ersetzbar. Wir Wissenschaftler:innen tragen daher eine große Verantwortung für die Experimente und die wollen wir auch nach außen sichtbar machen. Vor jedem Tierversuch wird sorgfältig und von unabhängiger Seite geprüft und abgewogen, ob der zu erwartende Erkenntnisgewinn eines Experiments eine Beeinträchtigung des Versuchstiers rechtfertigt. Für uns ist es wichtig, darüber zu informieren, warum und in welcher Form wir Tierversuche machen. Daher unterstützen wir die Initiative „Transparente Tierversuche“.

Müssen Sie als Wissenschaftler:innen nicht Sorge haben, zur Zielscheibe für Anfeindungen zu werden, wenn Sie über Ihre Tierversuche berichten?

Professorin Arck: Nein, das glaube ich nicht. Wir stehen seit einigen Jahren in einem guten, offenen Dialog mit Personen, die Tierversuche kritisch hinterfragen und informieren die Bevölkerung, beispielsweise auf unserer regelmäßigen Informationsveranstaltung zur Forschung im UKE. Für Außenstehende ist es oft nicht ersichtlich, warum wir Tierversuche durchführen. Als Wissenschaftler:innen sind wir in der Pflicht, über unsere Forschung zu informieren und einen verantwortungsvollen ethischen Diskurs zu führen. Wir stellen uns dem Dialog mit Kritiker:innen von Tierversuchen und legen dar, welcher Fortschritt durch die Arbeit mit Versuchstieren erzielt werden konnte, was wir für die Zukunft erwarten, aber auch, wo ihre Grenzen liegen. Und wir nehmen die Vorschläge der Tierversuchskritiker:innen sehr ernst und haben bereits viele Maßnahmen zur Reduzierung von Tierversuchen am UKE etabliert.

Im nächsten Jahr wird der erste Bauabschnitt des Neubaus der Forschungstierhaltung des UKE fertiggestellt. Wenn Tierversuche möglichst reduzieren sollen, warum werden dann gleichzeitig neue Räumlichkeiten geschaffen. Erhöht sich dadurch die Anzahl an Versuchstieren?

Professorin Schwappach-Pignataro: Nein, es findet kein Ausbau von Tierversuchen statt. Mit dem Neubau sollen die Anforderungen an einen modernen Arbeitsplatz und eine moderne Tierhaltung erfüllt werden, beispielsweise werden künftig reine und unreine Arbeitsbereiche und Transportwege besser voneinander getrennt. Eine vollautomatische Käfigaufbereitungsanlage und ein Vakuumver- und -entsorgungssystem für Einstreu schützen die Mitarbeitenden vor möglichen gesundheitlichen Belastungen am Arbeitsplatz. Die vorhandene Nutzfläche in der Tierhaltung von rund 3500 Quadratmetern reduziert sich auf rund 2900 Quadratmeter. Die Kapazitäten in der Tierhaltung werden durch den Neubau nicht erweitert.

Professorin Arck: Wir haben im Jahr 2019 insgesamt 63.445 Versuchstiere eingesetzt. Im Vergleich zu 2018 mit 65.585 Versuchstierenn ist damit die Anzahl der in Experimente verwendeten Tiere leicht rückläufig. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Zahlen der verwendeten Versuchstiere 2020 werden demnächst veröffentlicht und da erwarten wir ebenfalls einen Rückgang an Versuchstieren. Den größten Anteil an Versuchstieren mit rund 99,3 Prozent hatten Mäuse, gefolgt von weiteren Nagetieren mit 0,44 Prozent.

Zurzeit läuft das Auswahlverfahren für eine neugeschaffene 3-R-Professur im UKE. Was möchten Sie mit dieser Stelle erreichen?

Professorin Schwappach-Pignataro: Wir fühlen uns schon seit längerer Zeit dem Ziel verpflichtet, einen wissenschaftlichen Beitrag zur Reduktion von Tierversuchen zu leisten und vergeben in Kürze zum zweiten Mal in der Medizinischen Fakultät 3-R-Förderpreise, die drei alternative Forschungsprojekte mit insgesamt 500.000 Euro über einen Zeitraum von zwei Jahren finanziell unterstützen. Mit der 3-R-Professur gehen wir noch einen Schritt weiter, um künftig gezielter die Erforschung von Verfahren der „3R“, Replace (Vermeiden), Reduce (Verringern) und Refine (Verbessern), auszubauen. Die neue Professur soll durch eine enge Vernetzung und eine interdisziplinäre Arbeitsweise zum Schutz von Tieren in der medizinischen Forschung beitragen und neue Impulse für die Weiterentwicklungen von Alternativen setzen. Mit der Einrichtung der 3-R-Professur wird unser Engagement im Tierschutz in Forschung und Lehre noch sichtbarer.

Welche alternativen Methoden verfolgen Sie am UKE schon jetzt?

Professorin Arck: Ein Großteil der Erkenntnisse, die am UKE erforscht werden, werden ohne Tierversuche gewonnen – durch klinische Studien, alternative Methoden wie Modellrechnungen, durch In-Vitro-Verfahren oder die Verwendung von sogenannten Organoiden. Nur wenn keine alternativen Methoden zur Verfügung stehen, wird eine Erforschung unter Einbeziehung von Tieren in Betracht gezogen.

Weitere Informationen zur Initiative Transparente Tierversuche unter: www.initiative-transparente-tierversuche.de